Theater Narrenschiff

Johannes Schmidt

15 Jahre – 15 Fragen . Das tn-Ensemble interviewt sich

Marco Janiel hat für euch, seinen langjährigen Spielpartner Johannes Schmidt interviewt. Hannes ist schon seit 2003 Teil des Ensembles und ist einer der meist besetzten Darsteller des Ensembles. Über die Jahre hat er in über 50 Produktionen, oft in Hauptrollen, mitgespielt. Mit Rollen wie Richard III. in THREE KINGS oder Stanley Kowalski in ENDSTATION SEHNSUCHT hat Hannes unvergessliche narrenschiff-Momente geschaffen, die wir nicht missen möchten.

Johannes Schmidt . Ensemblemitglied seit 2003

„Theater kann viel bewirken, und sollte viel mehr gefördert werden.“

Marco: Lieber Johannes, du bist seit 2003 im narrenschiff und hast bereits in Andre Deckers zweiter Produktion in Unna mitgespielt, gehörst also fast zu den Gründervätern der neuen Generation. Wir beide haben viele Stücke gemeinsam gespielt, du hast mich viermal umgebracht und ich dich nur einmal, die Freundschaft blieb erhalten. Was hat sich deiner Meinung nach in den letzten 15 Jahren verändert? 

Johannes: Ja ich bring dich immer gerne um, freu mich schon auf das nächste Mal! Es gibt natürlich Dinge, die sich verändert haben, aber bemerkenswerter find ich eher die Dinge, die geblieben sind, wie z.B. der Zusammenhalt und das familiäre Umfeld, das von Anfang an im Narrenschiff vorhanden war. Die meisten Ensemblemitglieder sind seit vielen Jahren oder von Anfang an dabei und es gibt einige, die mittlerweile weg gezogen sind, aber es immer wieder möglich machen in einem Stück mitzuspielen. Einfach weil sie gern im Narrenschiff spielen! Für mich ist das schon etwas Besonderes. Es gibt aber natürlich auch Dinge, die sich verändert haben. Wir haben heute ja ganz andere Möglichkeiten, Stücke zu inszenieren, weil immer wieder neue, talentierte Darsteller, z.B. durch den Jugendclub, dazu kamen. Ich glaube, wir sind stetig professioneller geworden und haben uns immer weiter entwickelt. Aber ich bin froh, dass sich viele Dinge nicht geändert haben. 

Marco: Wir beide sind neben dem Schauspiel seit einigen Jahren im Vorstand des tn aktiv, wechselten uns auch mit dem Vorsitz ab. Du kümmerst dich viel auch um die Technik. Was interessiert dich so an der Arbeit hinter den Kulissen?

Johannes: Naja, interessieren ist vielleicht nicht das richtige Wort. Um ehrlich zu sein, hab ich damals das erste Mal Technik gemacht, weil es keinen anderen gab, der es machen konnte- und ich war so nervös wie selten zuvor! Aber mittlerweile mach ich es immer wieder gerne. Wie ich in den Vorstand gekommen bin weiß ich ehrlich gesagt bis heute nicht!

Marco: Wie geht es dir eigentlich so vor Aufführungen, wie bereitest du dich vor? Bist du nervös?

Johannes: Wirklich nervös bin ich heute nicht mehr, ich nenne es immer gerne "freudige Erwartung" und krieg immer böse Blicke wenn ich das vor einer Premiere sage! Ansonsten versuche ich schon ungefähr den gleichen Ablauf vor einer Aufführung einzuhalten, aber das klappt auch nicht immer! Jede Vorstellung ist ja bekanntlich anders und das ist auch oft bei den Vorbereitungen so. Vor allem versuche ich mich an solchen Tagen nicht stressen zu lassen.

Marco: Was würdest du sagen ist der große Unterschied zwischen Johannes Schmidt 2003 und dem von heute?

Johannes: Damals hatte ich noch keinen Bart und nicht so viele Augenringe! Natürlich haben sich privat viele Dinge verändert in den letzten 15 Jahren, die mich auch als Schauspieler beeinflusst haben. Aber das Gefühl auf der Bühne zu stehen ist immer noch genau so wie früher, auch wenn ich heute eine gewisse Selbstverständlichkeit dafür entwickelt habe. 

Marco: Wir versuchen ja manchmal herauszufinden wie viele Stücke wir seitdem gespielt haben, aber ich glaube du hast etwas mehr als ich so 50-55 Premieren hinter dir, hast du so etwas wie eine Lieblingsrolle?

Johannes: Ich hatte das Glück wirklich viele gute Rollen spielen zu dürfen, das macht das ganze etwas schwierig! Meine erste Hauptrolle als Richard Papen in „Das Bacchanal“ war natürlich was ganz besonderes und das war auch die intensivste Erfahrung als Schauspieler für mich, es war ja erst mein drittes Stück damals. Aber Richard III. in „Three Kings“, Stanley in „Endstation Sehnsucht“, Constantin in „Die Möwe“ oder Francisco in „Dein Leben in 65 Minuten“ und noch einige andere, das waren alles wunderbare Rollen und da fällt die Wahl schwer. 

Marco: Erzähl doch mal wie du zum Theater gekommen bist, wie hat es dich am Ende ins Narrenschiff verschlagen?

Johannes: Angefangen hab ich damals in einer „Loriot“ Produktion, das war allerdings noch im "alten Narrenschiff" unter anderer Führung, André hatte damals erst ein Stück im Narrenschiff gemacht und ich kannte ihn gar nicht. Eine gemeinsame Bekannte, die damals auch bei „Loriot“ mitspielte, hatte dann gehört, dass André noch jemanden für sein neues Stück sucht und schlug mich ihm vor. Wir haben telefoniert und kurze Zeit später saß ich oben auf der Dachterrasse vom Atelier zur Leseprobe. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte. 

Marco: Was schätzt du am Theater Narrenschiff am meisten?

Johannes: Die Menschen! Ich empfinde es heute noch als großes Glück, dass ich so wunderbare Menschen wie z.B. André, Nils, Judith, dich und so viele andere kennen lernen durfte.

Marco: Gibt es eine Rolle die du in Zukunft gerne mal spielen möchtest?

Johannes: Wie gesagt, ich hab mittlerweile schon so viele großartige Rollen spielen dürfen, da bleiben eigentlich keine speziellen Wünsche offen.

Marco: Warum ist es heutzutage immer noch wichtig Theater zu machen? Welchen Einfluss kann Theater haben?

Johannes: Ich hab ja von 2011 bis 2016, für den Verein Zartbitter aus Köln, ein Stück gegen Cybermobbing gespielt, das wir vor 5-8 Klässlern aufgeführt haben. Dabei hab ich den Einfluss, den Theater haben kann, selber erlebt. Wir haben immer wieder Rückmeldungen bekommen, dass sich ein Schüler, der gemobbt wurde, Hilfe geholt hat, nachdem er unser Stück gesehen hatte. Grade in solchen Bereichen kann Theater viel bewirken und sollte viel mehr gefördert werden. 

Marco: Wie bereitest du dich eigentlich auf eine Rolle vor, was inspiriert dich, wie macht man so etwas?

Johannes: Erstmal beantworte ich mir selbst die ganzen W-Fragen, wer bin ich, wo komm ich her, was arbeite ich usw. und versuche halt soviel wie möglich über die Rolle in Erfahrung zu bringen. Wenn es einen Film gibt, gucke ich mir den auch gerne vorher an, ab und zu kann man sich auch da Inspiration für die Rolle holen, aber nur begrenzt, da ein Film ja doch was anderes ist.

Marco: Bei so vielen Vorstellungen, die wir über die Jahre gespielt haben, gehen auf der Bühne ja auch schon mal Dinge schief, meist merkt das Publikum das gar nicht so genau. Kannst du dich noch an eine Begebenheit erinnern? 

Johannes: Ja, da ist natürlich im Laufe der Jahre schon mal was schief gelaufen, mit dir hatte ich da doch auch mal eine nette Situation, als wir 2007 Romeo und Julia gespielt haben. Es waren nur wir beide auf der Bühne, du fängst an zu reden und kurz bevor ich einsetze muss, fällt mir auf, dass ich keine Ahnung hab, was mein Text ist. Witzig war auch 2012 bei Gefährliche Liebschaften, als ich mal kurz vergessen hatte, dass ich auf die Bühne muss. Ich hab mich grad locker umgezogen, als mir eine Mitspielerin etwas panisch sagte, dass ich schon seit zwei Minuten auf der Bühne sein müsste. Für André und Dorit, auf der Bühne, war es in dem Moment aber wahrscheinlich nicht so witzig.

Marco: Welche Filmrolle hättest du gerne mal gespielt?

Johannes: Ich wäre bestimmt ein fantastischer Hobbit gewesen...

Marco: Komödie oder Tragödie?

Johannes: Ich finde beides hat einen unterschiedlichen, aber dennoch gleich großen Anreiz, ich könnte mich jetzt nicht für ein Genre entscheiden. 

Marco: Was ist deine aktuelle Produktion und worin werden wir dich als nächstes sehen?

Johannes: Im Moment spielen wir noch einmal "Ein Blick von der Brücke" und das werden wir dann Anfang 2018 nochmal spielen, genauso wie die Indoor Version von "Wilde im Park". Was danach kommt, weiß ich noch nicht.

Marco: Was wünscht du dir für unsere nächsten 15 Jahre?

Johannes: Eine bessere Förderung wäre natürlich eine schöne und mittlerweile auch sehr verdiente Sache. Ich hab ja bei der ersten Frage geantwortet, dass ich froh bin über die Dinge, die sich in den letzten 15 Jahren nicht geändert haben und mein Wunsch ist, dass ich das auch in 15 Jahren noch sagen kann.

Marco: Gibt es ein Theaterzitat, an das du dich gerne erinnerst?

Johannes: Es gibt viele Zitate, die mich wahrscheinlich mein Leben lang begleiten werden, aber mir fällt jetzt keins ein, das ich besonders hervor heben würde.

Interview, Sommer 2017